Urheberrecht nachweisen

Eine wichtige Voraussetzung dafür, dass Urheber im Streitfall ihre Rechte als Künstler durchsetzen und ihre wirtschaftliche Innovation schützen können ist, dass sie nachweisen können, Urheber zu sein. Das klingt auf den ersten Blick banal, doch die Möglichkeiten der Urheber zur Absicherung sind begrenzt.

Die Entstehung des Urheberrechts

Im deutschen Recht entsteht das Urheberrecht, sobald jemand ein „Werk“ im Sinne des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) erschafft. Nach § 2 UrhG sind damit „persönliche geistige Schöpfungen“ gemeint. Schutzrechte wie eingetragene Marken, Designs oder Patente entstehen erst mit Anmeldung bzw. Eintragung in ein Register. Im Urheberrecht ist das anders. Das Urheberrecht entsteht automatisch und unabhängig davon, ob der Urheber das beabsichtigt, davon Kenntnis hat oder Copyright-Zeichen wie © nutzt. Wer das geschützte Werk geschaffen hat, also der Schöpfer nach § 7 UrhG, ist Urheber und kann auf sein Urheberrecht auch nicht verzichten. Anders als für Patente, Marken, Gebrauchsmuster und Designs gibt es für Urheberrechte kein Register, in das die Rechte eingetragen werden können.

Probleme beim Nachweis des Urheberrechts

Das Urheberrecht unterscheidet zwischen Original und Vervielfältigungsstück. Bei vielen klassischen Formen von Werken, wie z.B. Gemälden oder anderen Kunstwerken, ist das Original mehr wert als eine Vervielfältigung. Bei modernen Formen von Werken, insbesondere den digitalen Inhalten, wird diese Unterscheidung unschärfer. Wenn auch Dritte das kopierte Werk anbieten, kann das Ansehen des Urhebers leiden, falls der richtige Urheber nicht angegeben wird. Der Urheber hat auch nur beschränkte Möglichkeiten, sein Werk kommerziell zu verwerten, wenn es anderswo günstiger oder kostenfrei erhältlich ist.

Das Urheberrecht schützt den Urheber oder Personen, denen er ein ausschließliches Nutzungsrecht eingeräumt hat, vor einem solchen Missbrauch an viele Stellen. Der Urheber hat unter anderem das Recht, das Werk zu vervielfältigen, zu verbreiten, auszustellen, wiederzugeben und kommerziell zu nutzen. Daneben hat der Urheber eine Reihe von besonderen Persönlichkeitsrechten im Zusammenhang mit seinem Werk. Dazu gehören unter anderem das Recht, über die Veröffentlichung des Werks zu bestimmen, über die Anerkennung seiner Urheberschaft und die Möglichkeit, eine Entstellung des Werks zu verbieten. Wenn Dritte diese Rechte verletzen, sieht das Urheberrechtsgesetz unter anderem Unterlassungs-, Schadensersatz– und Auskunftsansprüche vor.

Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz

(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (…)

§ 97 UrhG

Wenn jemand diese Ansprüche gerichtlich durchsetzen möchte, muss er darlegen, dass er Urheber ist oder zumindest ein ausschließliches Nutzungsrecht hat. Die Beweislast dafür trägt der Anspruchsteller. Wenn der beklagte Dritte die Urheberschaft bestreitet und der Kläger sie nicht nachweist, verliert er den Prozess.

Der rechtliche Rahmen

Das Urheberrechtsgesetz selbst hat die Problematik der Beweislast im Prozess aufgegriffen und Urhebern die Rechtsverfolgung erleichtert. Als Urheber wird derjenige vermutet, der mit Namen, Pseudonym oder anderen Künstlerzeichen auf einem erschienenen Werk bezeichnet ist. Dasselbe gilt für Herausgeber von Werken, die keine Urheber ausweisen.

(1) Wer auf den Vervielfältigungsstücken eines erschienenen Werkes oder auf dem Original eines Werkes der bildenden Künste in der üblichen Weise als Urheber bezeichnet ist, wird bis zum Beweis des Gegenteils als Urheber des Werkes angesehen; dies gilt auch für eine Bezeichnung, die als Deckname oder Künstlerzeichen des Urhebers bekannt ist.

(2) Ist der Urheber nicht nach Absatz 1 bezeichnet, so wird vermutet, daß derjenige ermächtigt ist, die Rechte des Urhebers geltend zu machen, der auf den Vervielfältigungsstücken des Werkes als Herausgeber bezeichnet ist. Ist kein Herausgeber angegeben, so wird vermutet, daß der Verleger ermächtigt ist. (…)

§ 10 UrhG

Inwieweit ein Werk schon öffentlich „erschienen“ oder publiziert sein muss, um diese Vermutungsregelung auszulösen, ist noch nicht geklärt. Vieles spricht dafür, dass es für diese Vermutung noch nicht genügt, wenn der Urheber z.B. nur auf einem beliebigen nicht nicht veröffentlichten Vervielfältigungsstück angegeben ist.

Neben diesen gesetzlichen Regelungen kommt es für die Bestimmung der Urhebereigenschaft auf die prozessualen Regelungen an. Im Zivilprozess gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Der Urheber kann Beweismittel wie Sachverständige, Augenscheinnahmen, Parteivernehmungen, Urkunden und Zeugen als Beweismittel anbieten, um das Gericht von seiner Stellung als Urheber zu überzeugen.

Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

§ 286 Abs. 1 ZPO

Wie weist man das Urheberrecht nach?

Möchte ein Urheber seine Stellung als Urheber nachweisen, sollte er dafür Vorkehrungen treffen, bevor er sein Werk veröffentlicht. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten.

Einbetten von Urheberbezeichnungen

Die einfachste Methode um später im Streitfall das Urheberrecht nachweisen zu können, ist die Vermutungswirkung des § 10 UrhG. Urheber müssen dafür das Werk so gestalten, dass sie auf dem Werk als Urheber bezeichnet sind. Je unabänderlicher diese Urheberbezeichnung mit dem Werk verknüpft ist, desto besser sind die Urheber vor Fälschungen geschützt, die die Vermutungswirkung zerstören könnten.

Auf diese Methode können sich Urheber nur bei bestimmten Werken verlassen. Insbesondere bei digitalen Kunstwerken kann heute praktisch jedes Wasserzeichen und jede Urheberbezeichnung leicht nachträglich entfernt werden. Etwas anderes kann z.B. für Software im Objektcode gelten. Ohne den zugehörigen Quellcode können Urheberbezeichnungen nur schwer entfernt werden.

Das Urheberrecht schützt die Schöpfer von Werken nicht nur vor Vervielfältigung, sondern auch vor einer „Bearbeitung“ ihrer Werke, also z.B. einer Weiterentwicklung oder Umarbeitung. Erstellt ein Dritter ein eigenes Werk, indem er unbefugt ein urheberrechtlich geschütztes Werk umarbeitet, wird dieses nicht auf den Urheber des ursprünglichen Werks verweisen. Um gegen solche Bearbeitungen vorzugehen, hilft dem Urheber § 10 UrhG häufig nicht.

Besitz von unveröffentlichten Entwürfen

Wenn der Urheber nachweisen kann, dass er im Besitz von unveröffentlichten Rohdaten, Skizzen, Plänen, Quellcode, etc. ist, spricht dies dafür, dass er auch Urheber des in Frage stehenden Werks ist. Urheber sollten ihr Entwurfsmaterial daher immer in einem gewissen Umfang aufbewahren, insbesondere bei wirtschaftlich wertvollen Werken.

Je nach Werk und verwendetem Material kann die Aufbewahrung des Entwurfsmaterials jedoch zusätzlichen Zeitaufwand und Kosten verursachen. Bestimmtes Entwurfsmaterial möchten Urheber auch nicht im Prozess offen legen.

Hinterlegung bei vertrauenswürdigen Dritten

Bei dieser Methode hinterlegt der Urheber sein Werk oder eine Kopie bei einem vertrauenswürdigen Dritten. Der Dritte verwahrt das Werk dann für den Urheber und bescheinigt den Zeitpunkt der Hinterlegung. Solche Dienste werden insbesondere von Notaren oder Rechtsanwälten angeboten.

Der Rechtsanwalt, Notar oder Dritte, bei dem das Werk hinterlegt wurde, kann im Prozess als Zeuge genutzt werden. So kann der Urheber zeigen, dass er in einem bestimmten Zeitpunkt in der Vergangenheit im Besitz des Werkes war, was ein Indiz für seine Urheberstellung ist. Der Gedanke hinter dieser Methode ist, dass Rechtsanwälte und Notare als Organe der Rechtspflege ein besonderes Vertrauen im Rechtsverkehr genießen. Der Notar ist gesetzlich zur Verschwiegenheit und Neutralität verpflichtet. Notarielle Erklärungen sind ein bewährtes Beweismittel.

Solche Hinterlegungen können jedoch mit höheren Kosten verbunden sein. Die Vergütung von Notaren und Rechtsanwälten ist in der Regel an den Geschäftswert geknüpft, kann also für wirtschaftlich wertvollere Werke steigen. In letzter Zeit haben sich jedoch Online-Dienste etabliert, die in enger Abstimmung notarielle Hinterlegungen vornehmen und kostengünstiger sein können. Die hinterlegten Werke sind häufig nur mit zeitlicher Verzögerung verfügbar, anders als etwa Dokumente, die der Urheber selbst aufbewahrt. Im Prozess verursacht die Einbindung von Zeugen zusätzliche Auslagen, die verauslagt und bei Unterliegen bezahlt werden müssen.

Signaturen und Zeitstempel

Bei digitalen Inhalten können Urheber mit Signaturen und Zeitstempeln arbeiten. Hierzu wird ein Hashwert des Werks an einen vertrauenswürdigen Zeitstempeldienst (Time Stamping Authority, TSA) geschickt, der den Hashwert dann mit einem Zeitstempel versieht und signiert. Mit dieser Signatur und dem Hashwert kann dann nachträglich überprüft werden, ob der signierte digitale Inhalt tatsächlich zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Vergangenheit existiert hat.

Solche Verfahren weisen jedoch nur die Existenz eines Werks zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Vergangenheit nach. Sie lassen keinen Rückschluss auf die Urheberschaft einer bestimmten Person zu. Solche Dienste kommen häufig nicht in Frage, wenn es um Informationen geht, die der Urheber geheim halten möchte.

Eine weitere Voraussetzung für die Nutzung solcher Dienste im Prozess ist, dass das Gericht der TSA vertrauen muss. Nur dann kann die Signatur mit dem Zeitstempel mehr wert sein als eine gewöhnliche Zeugenaussage.

Das Deutsche Recht kennt seit einiger Zeit qualifizierte elektronische Signaturen, die mit solchen Zeitstempeln arbeiten. Ihnen wird eine besondere rechtliche Wirkung aber nur dann beigemessen, wenn die Vertrauensdienstanbieter selbst von staatlich bestimmten Stellen zertifiziert werden. Die Bedeutung solcher Signaturen im deutschen Rechtsverkehr steigt jedes Jahr.

Zeugen schaffen

Die Idee ist simpel: der Urheber lädt gezielt Personen zu seinem Schaffensprozess ein. Die Personen sehen, dass und wann der Urheber an einem Werk arbeitet und eine eigene schöpferische Leistung erbringt. Der Urheber notiert sich, welche Personen wann was gesehen haben. Später im Prozess bindet der Urheber diese Personen als Zeugen ein.

Der größte Vorteil von Zeugen ist, dass diese je nach Situation auch bezeugen können, dass der vermeintliche Urheber das Werk erschaffen und nicht nur besessen hat. Die Einbindung von Zeugen in den Schaffensprozess ist abhängig von der Art des Werks in der Regel kostenlos. Bei der späteren Nutzung der Zeugen vor Gericht fallen jedoch zusätzliche Auslagen an, die eine Partei des Rechtsstreits tragen muss.

Der Urheber wird jedoch nicht in jedem Fall Personen schon Einblick in die Erschaffung eines Werks geben wollen. Das gilt insbesondere, wenn so vertrauliche Informationen offengelegt werden würden, oder Personen Einblicke in etwa Quellcode erhalten würden. Abhängig von der Art des Werks benötigen Zeugen einen bestimmten Sachverstand, um vor Gericht glaubhaft wiedergeben zu können, welche schöpferischen Leistungen der Urheber wirklich erbracht hat. Daneben bestehen die üblichen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit Zeugen: sie sind nicht immer verfügbar, nicht immer zuverlässig, vielleicht sind sie dem Gericht zu parteiisch und nicht objektiv genug, die Koordination von Zeugenaussagen ist aufwendig, vielleicht erinnern sie sich nicht mehr genau an die Vergangenheit, etc.

Was nicht zum Nachweis genügt

Es gibt eine Reihe an Methoden, die alleine genommen kaum zum Nachweis der Urheberschaft taugen.

Nutzung von Metadaten

Metadaten sind Daten über andere Daten. Dazu gehören z.B. Erstellungsdatum, Änderungsdatum, Autor und Versionsnummer von Dateien. Diese Daten können fast immer ohne größeren Aufwand nachträglich geändert werden. Sie sind daher nicht geeignet, die Urheberschaft nachzuweisen.

Etwas anderes gilt nach § 10 UrhG nur im oben geschilderten Fall, dass der Urheber auf einem veröffentlichten Werkstück angegeben wurde.

Einschreiben an sich selbst

Unter einer Methode, die im Englischen als poor man’s copyright bekannt ist, schickt der Urheber sein Werk per Einschreiben an sich selbst und öffnet den Briefumschlag nicht. Wenn später Streit über die Urheberschaft entsteht, nutzt der Urheber den das auf dem ungeöffneten Einschreiben oder der Zustellungsurkunde vermerkte Datum, um nachzuweisen, dass er das Werk bereits in der Vergangenheit besessen hat.

Im deutschen Postsystem wird mit den bei Einschreiben verwendeten Zustellungsurkunden nur die Zustellung einer Sendung zu einem bestimmten Datum nachgewiesen. Ein Einschreiben an sich ist nicht geeignet, auch einen bestimmten Inhalt der Sendung zu beweisen. Den eingeschriebenen Brief nur ungeöffnet zu lassen wird im Prozess nur selten die beabsichtigte Beweiswirkung erzielen, denn es ist ein leichtes, eine Sendung zu öffnen, den Inhalt auszutauschen, und sie wieder zu verschließen.

Das deutsche Recht kommt dieser Problematik bei, indem es die Möglichkeit eröffnet, Schreiben auch durch einen Gerichtsvollzieher zustellen zu lassen. Dieser vermerkt nicht nur das Datum der Zustellung, sondern bestätigt auch den Inhalt des zugestellten Schreibens. Einer solchen Erklärung eines Gerichtsvollziehers kommt ein höherer Beweiswert zu.

Der größte Vorteil dieser Methode sind die verschwindend geringen Kosten. Es fallen nur die Kosten für ein Einschreiben, bzw. den Gerichtsvollzieher an, die nicht an den Geschäftswert geknüpft sind.

Diese Methode ist aber nur geeignet, wenn das Werk auch auf Papier verkörpert werden kann und dann nicht zu viel Platz benötigt. So kann auch nur der Besitz in der Vergangenheit nachgewiesen werden, nicht jedoch, dass dieser Besitzer auch Urheber ist.

Fazit

Wenn Urhebern der Schutz ihrer Werke wichtig ist, sollten sie sich von Anfang an Gedanken über die Sicherung ihrer Rechte machen. Vielfach ist schon das Entwurfsmaterial urheberrechtlich geschützt und kann durch richtiges Vorgehen später zum Nachweis der Urheberschaft genutzt werden.

Je wichtiger das Werk wirtschaftlich ist, desto eher sollten professionelle Lösungen, wie notarielle Hinterlegungen gewählt werden, um die Urheberschaft später auch nachweisen zu können.

Die hier beschriebenen Methoden schließen sich nicht gegenseitig aus, sondern können sich ergänzen. Urheber können kombinieren und so viele dieser Methoden nutzen, wie sie für sinnvoll halten.

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